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Lefkas-Meganisi-Atokos / September 2002

Kurzstreckensegeln im Ionischen Meer

Der Lefkas-Kanal liegt hinter uns; vor uns die traumhaften Inseln des südlichen Ionischen Meeres.


Inselpanorama südlich von Lefkas

Von unserem Liegeplatz in der Marina aus haben wir soeben unseren französischen Freund mit seiner roten Stahlyacht gesichtet, wie er im Kanal an uns vorüberläuft. Per Funk verabreden wir uns für den Abend in der Tranquil Bay im Osten von Lefkas. Wind ist Null, und so holen wir ihn - dieselunterstützt - kurz vor dem Ziel ein; unsere fünfzig Pferdestärken müssen nur acht Tonnen schieben, seine immerhin zweiundzwanzig. Wir feiern das Wiedersehen am Abend beim Sundowner auf "Maeva". Der Name "Tranquil Bay" stammt allerdings aus fernen Urzeiten; heutzutage macht die Bucht gegenüber von Nydri ihrem Namen keine Ehre mehr. Sie ist rappelvoll, es herrscht reger Dingiverkehr, Ankerlieger plärren Neuankömmlingen lautstark entgegen, wo sie gefälligst ankern sollen und schreien dazu - offensichtlich bereits im nachmittäglichen Frührausch - besserwisserisch quer über die Bucht (ja, "Passat", ihr seid gemeint!)... Nein, ruhig ist es hier wirklich nicht mehr!


Tranquil Bay - gegenüber Nydri


Tags darauf mieten wir uns einen Motorroller und besuchen die berühmte Schlucht mit dem malerischen Wasserfall im Hinterland von Nydri. Sodann umrunden wir die bergige Insel. Immerhin bis über tausend Meter steigen die Berge auf. Gut, dass wir unsere Regenjacken dabei haben; den Regenschauern können wir ausweichen, aber unter den dicken Wolken ist es dennoch knackig kühl. Für den Segler bietet die schroffe Westseite der Insel zwar keinen sicheren Ankerplatz, aber für den Rollerfahrer eröffnen sich unglaubliche Aussichten auf bizarre Kliffküsten und einsame Strände. Der Süden und der Osten Lefkas' dagegen sind wahre Segleridyllen, mit tiefen Fjorden, Buchten und Ankerplätzen. Einen guten halben Tag muss man für den Rundtrip schon einplanen, wenn man nicht hetzen will. Das Handy piept, per SMS kommt eine Einladung zu einem Barbeque an Bord von "Maeva". Langsam fühlen wir uns drüben heimisch. So geniessen wir des Abends frische Sardinen vom Grill, griechischen Wein, gute Stimmung, und dazu das unvermeidliche Wetterleuchten am Nachthimmel.



Der nächste Tag bringt endlich mal schönen Segelwind. So machen wir aus fünf Meilen zehn Meilen, setzen Segel und kreuzen bei blauem Himmel gegenan. Das Ziel, die Insel Meganisi, ist wieder eines dieser kleinen Paradiese. Von Lefkas nur einen Katzensprung entfernt, bietet die Insel unzählige ausgezeichnete Ankerbuchten, gut geschützt gegen sämtliche Windrichtungen. Die Ufer sind bestanden mit Pinien und Olivenbäumen, hin und wieder ein kleiner Badestrand, hier und da ein paar Tavernen. Unsere kleine private "Flottille" ist auch wieder vollständig, denn "Maeva" liegt auch schon hier. Sie ankert allerdings im tieferen Wasser einer vorgelagerten Bucht, hat ja auch mehr als hundert Meter Kette dabei. Wir dagegen gehen tiefer in die Ambelaki-Bucht hinein, und legen Coco auf angenehmen 5 Metern Wassertiefe vor Anker. Eine lange Landleine um den Stamm eines Olivenbaums, und wir liegen wie in Abrahams Schoß.

Am Nachmittag kommt ein fremdes Dingi längsseits. Der Kapitän stellt sich vor als "Didier, Peintre". Also Maler. Er will unsere Coco als Bild verewigen. Unsere in solchen Situationen sofort vorhandene Skepsis ist bald zerstreut, als er uns Beispiele seines Könnens präsentiert. Wunderschöne Bilder von Yachten vor Anker und unter Segeln, passend zum Thema in Wasserfarben gemalt. Und so erteilen wir den Auftrag für ein Aquarell. Am nächsten Morgen klopft es, Didier bringt das fertige Werk. Es ist gut gelungen, wir freuen uns und geben ihm gerne das geforderte Honorar. Nun wird unser Schiffchen - vor authentischer Gewitterwolken-Kulisse - bald als Kunstwerk die Wände unseres Heimes zieren! Natürlich nutzen wir auch diesen Anlaß wieder zum feiern, und laden Jean-Pierre zu einem formidablen Coco Special Dinner an Bord. Es gibt Spaghetti mit frischem Oktopus in Öl, Knoblauch und Kräutern. Ein schöner Abend, untermalt von himmlischen Leuchtzeichen, wie immer...


Aquarell "Coco de Mer in Ambelaki Bay, Meganisi"

Eine der zahlreichten Buchten auf Meganisi, Ormos Spilia, beherbergt eine Einrichtung, die wohl jeder Ionio-Segler einmal kennenlernt: Die Taverne "Porto Spilia" mit ihrer privaten Minimarina. Etwa 15 Yachten finden dort Platz an einer Pier mit Grundleinen, kostenlos. Einzige Bedingung: man muß in der angeschlossenen Taverne essen gehen. Das tut man gerne, denn die gegrillten Spieße und andere duftende Köstlichkeiten zwingen förmlich dazu. Hier feiern wir Abschied von Jean-Pierre, der am nächsten Tag hinauf muß nach Preveza, um sein Boot dort einzuwintern.


Taverna "Porto Spilia"

Wir dagegen gehen am nächsten Tag südwärts, zur Ankerbucht Syvota auf Lefkas. Im Kanal zwischen Meganisi und Lefkas bläst uns ein kräftiges Lüftchen entgegen, der Himmel verfinstert sich zusehends, die Welle nimmt zu, und so kreuzen wir gegenan und erreichen schließlich bei kräftiger Hacksee im Dauerregen die hervorragend geschützte Bucht. Erst am späten Nachmittag des folgenden Tags wagt sich die Sonne wieder hervor, und tags darauf strahlt sie in voller Pracht. Nach einem vom Wetter diktierten, unfreiwilligen Mehrtagesaufenthalt, der uns allerdings durch die zahlreichen Tavernen und Kneipen nicht langweilig wird, ist unser nächstes Ziel wieder Lefkada Stadt. Dort erwarten wir Hansi, meinen Cousin, der für eine Woche an Bord kommt. Auf dem Weg dorthin beehren wir die Onassis-Insel Skorpios mit unserem Besuch, zumindest vor Anker, denn betreten ist streng verboten (der Securityservice der Insel soll ausgezeichnet sein...). Lang bleiben wir nicht, Wind und die Wespen vertreiben uns bald wieder. So legen wir noch einen Badestopp ein vor einem menschenleeren Sandstrand kurz vor der Einfahrt zum Lefkas-Kanal, und erreichen gut erfrischt am Abend die Hauptstadt der Insel.


Beschauliches Inselleben

Zusammen segeln wir in den nächsten Tagen über Nydri und Syvota hinunter nach Ithaka, der Heimatinsel des Odysseus. Von dort geht es hinüber zur beeindruckenden, steilen Felseninsel Atokos, wo wir die bizarre Cliff Bay an der Südküste besuchen, und dann dicht östlich davon in einer kleinen Einbuchtung ohne Namen Anker werfen. Der Raum zum Schwojen reicht gerade für in Schiff; einer bleibt als Ankerwache an Bord, und zwei schnorcheln unter einer atemberaubenden Felsen-Szenerie in klarstem Wasser, blauschimmernd und absolut durchsichtig. Schöner kann Wasser nicht sein! Unser absoluter Geheimtipp, aber haltbar nur bei absolut ruhiger Wetterlage.


Atokos: Ankerplatz vor grandioser Kulisse

Von diesem traumhaften Platz verlegen wir uns für die Nacht um's Eck, in die "One House Bay". Sie hat den Namen von dem einsamen Haus, das, strahlend weiß gestrichenen, im Scheitel der Bucht inmitten dichter grüner Macchia steht. Dort ankern wir auf acht Metern Wassertiefe inmitten einer Charterflottille. Als pünktlich um 15 Uhr Wind aufkommt, bläst die Flottille gesammelt zum Aufbruch, und wir bleiben allein zurück. Wir verlegen uns auf einen besseren Platz, und am Abend liegen nur zwei Schiffe hier, zwei Schiffe für eine ganze Insel. So ist's recht. Bald zaubert der Vollmond einen gigantischen schwarz-silbernen Schattenriß aus dem steil abfallenden Felskliff im Südosten, und wir genießen den schönen Anblick bei einem Fläschchen gutem, italienischem Vino.


Die "One House Bay" in ihrer ganzen Pracht


Wir schwojen vor dem Südkliff vor Atokos

Anderntags zuckt's an der Angel! Tatsächlich: an Hansis Angel hat ein Fisch angebissen! Beim Anblick des Fischbabys überwältigt uns aber das Mitleid, und wir schenken ihm wieder die Freiheit. Der soll erst mal noch wachsen... Für diese noble Geste werden wir alsbald reich belohnt: Unterwegs zu der flachen Insel Kastos, mit der Schleppangel achteraus, bekommen wir tatsächlich einen Dreiviertelkilo-Tunfisch an den Haken!! Das Mittagessen ist gesichert!


Das soll ein Fisch sein...?


DAS (!) ist ein Fisch!!!

Vor Kastos ankern wir in einer Bucht neben dem kleinen Hafen, hinter dem Inselchen Prasonisi. Am Ufer finden wir eine Müllhalde vor: Plastik und Weißblech in allen Erscheinungsformen. Alles angeschwemmt, so hoffen wir. Dennoch, das Wasser ist klar und sauber, wir bringen eine Landleine aus und bleiben für die Nacht. Anderntags lichten wir am späten Vormittag Anker und segeln die Ostküsten von Kastos und Kalamos hinauf. Als wir die Nordosthuk von Kalamos runden, entdecken wir mehrere kleine, aber wunderschöne Strände. Malerisch reichen die Nadelbäume vom steilen Bergrücken hinab bis zum Ufer. In dem glasklaren Wasser vor dem goldgelben Sandstrand soll schon Onassis mit der Callas gebadet haben. Wir haben keine Gelegenheit dazu, leider, denn es pfeift kräftig um die Ecke und der Platz ist heute nicht haltbar. Wir runden also das Leuchtfeuer, und alsbald reffen wir die Segel, denn bei dem Südwind knallen ziemliche Böen von den steilen Hängen der Insel herab. Gerade sind wir um die Huk rum, und schon wieder haben wir ein gutes halbes Kilo Tunfisch am Haken! Das tröstet einigermaßen über die entgangenen Ankerfreuden hinweg.


Einsamer Ankerplatz vor der kleinen Insel Kastos

Mit dieser Beute laufen wir wieder unsere schon bekannte Insel Meganisi an. Der Forecast sagt 7 bis 8 Beaufort und Gewitter voraus, also legen wir uns sicher in die tiefste Einbuchtung und verköstigen uns mit köstlicher Pasta als Vorspeise und Fisch in Folie als Hauptgang. Unsere Vorräte an italienischem Wein reichen noch eine Zeit lang; wie gut, dass Bill Dixon, der Konstrukteur unserer Coco, so einen geräumigen "Weinkeller" vorgesehen hat!

Nach einer viel zu kurzen Woche reist Hansi wieder ab, und wir segeln wieder hinauf nach Norden. In Preveza, hinter dem Kanal zum Ambrakischen Golf, finden wir eine Marina vor, noch ohne Versorgungsanschlüsse, aber benutzbar. Hier liegt wieder mal eine kleine Seglergemeinde, Langfahrtsegler, von denen einige hier überwintern, weil es fast nichts kostet. Da bleiben auch wir für ein paar Tage, holen mal wieder die Bikes raus und wollen die landschaftlich schöne Umgebung erkunden. Auch für den kulturell Interessierten ist hier einiges geboten, so befinden sich zum Beispiel in der Nähe die Überreste der antiken Stadt Nikopolis, die Kaiser Augustus anno 31 v.Chr. gründete, zum Gedenken an seinen Sieg in der Seeschlacht gegen die Flotte Kleopatras, die damals hier stattfand.


Die Ruinen der antiken Stadt Nikopolis

Wir schaffen es gerade so hin und zurück, bevor das nächste Unwetter losbricht. So trainieren wir dann das Hirn statt der Muskeln, lesen statt zu radeln. Noch um zwölf Uhr mittags am nächsten Tag ist es dunkel und trist, wir lesen bei Kunstlicht! Abends gibt es heiße Suppe an Bord, eine angemessene Kost bei diesem Klima. Zur Erinnerung: wir befinden uns im Mittelmeer, und es ist eigentlich noch nicht Winter! Apropos Kunstlicht: In den letzten Monaten haben wir immer wieder über die Anschaffung eines Solarpanels zur Stromerzeugung an Bord nachgedacht. Wenn wir aber die letzten Wochen betrachten, wäre ein Windgenerator wohl die bessere Lösung...!


Gewitter-Szenerien wie gemalt

Fast jeden Tag Gewitter und Regen, langsam wird's wirklich ätzend. Seit nunmehr zweiunddreissig (32!!) Tagen, nur mit kurzen Unterbrechungen. Naja, wie wir hören, ist es zuhause auch nicht viel besser. In wenigen Wochen werden auch wir wieder das heimatliche Herbstwetter genießen können. Ob wir unsere Restbräune vom Juli bis dahin werden hinüberretten können...??


Trüber Blick hinaus ins triste Regenwetter


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