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Kefalonia/Zakynthos/W-Peloponnes, Juli 2003

Flottillenpest und Schildkrötenparadiese

Von Paxos aus geht es bei schönem Segelwind die gut 30 Meilen hinunter, direkt durch den Lefkas-Kanal, und, weil's heute so schön läuft, gleich weiter nach Meganision, einem Highlight der Gegend, der Insel mit der fjordartig zerklüfteten Nordostseite, in der jeder seinen Traum-Ankerplatz findet. Hier treffen wir ein Schwesterschiff, die SY "Alegria". Wir glauben das Schiff aus Mallorca zu kennen, wo wir vor vier Jahren auch eine Moody 38 mit Namen "Alegria" besichtigt hatten. Wir gehen dicht ran, rufen hinüber, ob wir wohl gemeinsame Bekannte in Malle haben, und siehe da, so ist es, auch sie haben ihr Schiff bei Fred Hecken von Beka Yachting gekauft. Den Abend verbringen wir zusammen in einer der Buchten von Meganision, begutachten und vergleichen unsere Schiffe, tauschen Ideen und Tips aus, es gibt doch wirklich immer noch was zu verbessern.

Doch es treibt uns weiter. So schön es hier auch ist, wir kennen es schon. So umrunden wir Meganision, werfen an der schroffen Westküste einen Blick in die riesige U-Boot-Höhle aus dem zweiten Weltkrieg, und laufen dann ein in die hervorragend geschützte Bucht Ormos Sivota. Am Abend beim obligatorischen Spaziergang erinnert sich ein Kellner an uns (was hatten wir denn im letzen September hier nur angestellt...?).

Am nächsten Tag sind wir abends in Fiskardo, einem hübschen Dorf im Norden von Kefalonia, der größten der ionischen Inseln. Der Hafen ist klein, wir ankern etwas ab vom Schuss, mit langen Landleinen zur Felsküste. Es hat sich schon bezahlt gemacht, zwei 3 Meter lange Kettenstücke dabei zu haben: die legen wir um Felsnasen an Land, hängen die Landleinen daran, und nix scheuert mehr! Zusammen mit unserer neuen langen Ankerkette am Bug schläft es sich auch viel ruhiger! Viel hilft viel.

In Fiskardo schlemmen wir Lobster auf Pasta, trinken dazu guten kefalonischen Robola-Wein. Das muss man ausnützen, wenn es in Griechenland mal eine Restaurant-Empfehlung gibt! Das Kochen haben die Griechen ansonsten ja eher nicht erfunden. Man hält sich an Souvlaki, Tzatziki, Gyros & Co, wie zuhause beim Griechen um die Ecke. Kulinarische Abwechslung gibt's höchstens an Bord.

Das Örtchen ist voll auf Tourismus ausgerichtet, hat sich aber noch einigen Charme erhalten. Es gehört zu den wenigen, die das schwere Erdbeben von 1953 weitgehend unbeschadet überstanden haben, und so ist es auch noch verschont von Beton-Neubauten, die sonst überwiegend das Bild der Ortschaften prägen.

Mit einem Roller erkunden wir den Nordteil der Insel. Weite Gebiete sind mit einer einheimischen Pinienart dicht bewaldet, mancherorts erinnert die Landschaft eher an die Toskana als an eine Insel im Mittelmeer. Lauschige Wälder wechseln sich ab mit lieblichen Olivenhainen. Sogar Wein wird hier auf der Insel angebaut, die Sorte heißt Robola und schmeckt uns ausgezeichnet.

Wir besuchen den Höhlensee von Melissani. Den See, dessen Salzwasser von der anderen Seite der Insel unterirdisch hierher gedrückt wird (eine kleine geologische Sensation!), kann man per Ruderboot mit Guide erkunden. Die versprochenen Nymphen sehen wir nicht, das finde ich sehr schade. Dafür schmettert unser Ruderbootkapitän herzzerreissende Arien im diffusen Halbdunkel der Stalagmiten und Stalagtiten.

Am Rückweg legen wir einen Badestopp ein in Ormos Mirtou. Die Farbe des Wassers kann ich kaum beschreiben, vielleicht am ehesten mit "Blue Curacao auf Bitter Lemon".


Mirtou Beach, Keffalonia

Gegen Abend sind wir zurück bei Coco. Zu unserem Schrecken ankert eine Flottille mit zehn Schiffen direkt neben uns. Das ist das Ende der Romantik, die Schönheit des Ortes ist verloren. Kurz entschlossen holen wir die Landleinen ein und ziehen von dannen. Südlich liegen einige paradiesische, pinienumstandene Ankerbuchten, die uns bei diesen Wind- und Wetterverhältnissen für eine Übernachung gut geeignet erscheinen. Doch leider hält unser geliebter Bügelanker auch beim fünften Versuch nicht in dem meterdicken Seegrasbewuchs, und uns wird klar, weshalb diese Buchten hier so einsam sind. In der vierten Bucht finden wir dann aber doch noch Halt - wohl eher durch das Gewicht von knapp 60 Metern ausgebrachter Kette als durch die Haltekraft des Ankers selbst. Einsam meckern ein paar Ziegen der untergehenden Sonne nach, bald funkeln ungezählte Sterne am Himmel, hin und wieder pfeifen Böen durch die Schluchten der Berghänge, doch wir liegen gut.


Flottille im Anmarsch

Eine weitere Nacht verbringen wir in einer abgelegenen Ankerbucht, diesmal im Süden von Ithaka. Hier fällt meine Haarpracht mal wieder dem Langhaarschneider zum Opfer. Leider "verfahre" ich mich einmal, naja, asymetrische Schnitte sind ja schwer angesagt...

Der kleine Hafen von Poros, wieder auf Kefalonia, ist unser nächstes Ziel. Neben einer mietshaushohen Festlandsfähre, die in diesem kleinen Hafen völlig deplatziert scheint, werfen wir unseren Anker. Die Fähre ist der ideale Windschutz beim Anlegen! Später staunen wir, wie der Steuermann das Riesending aus dem Miniaturhafen bugsiert.

Es bläst kräftig, draußen sieht es richtig eklig aus, lauter weiße Schaumkämme. So legen wir noch einen Ruhetag in Poros ein, was soll's, wir haben's ja nicht eilig. Wir nutzen den Tag für eine mehrstündige Wanderung auf den Berg Athos, mit über 1.600 Metern der höchste Berg der ionischen Inseln. Leider auch hier ein mittlerweile vertrautes Bild: überall Müllkippen. Plastikmüll, rostiger Eisenschrott, ja ganze Wohnungseinrichtungen werden die Abhänge hinunter gekippt. Traurig.

Für Abwechslung ist gesorgt, im Hafen von Poros trägt wieder mal eine Flottille zu unserer Unterhaltung bei. Die Besatzung des "Mutterschiffs" hat alle Hände voll zu tun, mit dem Dingi sortieren sie Anker neu, schieben einzelne Schiffe an neue Plätze, die Jungs tauchen nach in Schrauben verhedderten Ankerleinen, kurz, alle haben ihren Spaß. Irgendwann raunt mir einer der Jungs zu (Australier, vermute ich): "i-really-hope-da-win-da-damn-loddery-domorrow". Trotzdem, man muss wirklich Respekt haben, faul sind die Flottillenkapitäne wahrhaftig nicht.

Am späten Nachmittag, wir sitzen grad beim wohlverdienten griechischen Salat im Cockpit, tut es einen Schlag, und aus den Augenwinkeln sehen wir ein ziemlich langes, ziemlich grosses Teil über unser Vorschiff in Richtung Nachbarschiff fliegen. Wir wollen schon wieder auf die Flottillenpest schimpfen, da wird uns klar: es ist unser eigener Spinnakerbaum, der da soeben im trüben Hafenwasser untergeht. Mit einem Satz bin ich auf dem Nachbarboot, und gerade noch rettet die englische Lady den Baum vor dem Tod durch Ertrinken. Sind doch eigentlich recht anständige Leute, diese Flottillensegler...

Es geht weiter nach Zakynthos. Zante, wie sie auch genannt wird, ist praktisch die südlichste der ionischen Inseln (abgesehen von Kythira ganz unten am Peloponnes, die auch noch dazu gehört, wohin sich aber kaum jemand verirrt). Im Norden liegt die kleine Bucht Agios Nikolaos hinter einem Felseninselchen. Durch die riffgeschmückte nördliche Zufahrt schleichen wir uns hinein. Hier treffen wir auch die SY "Alegria" wieder. Gemeinsam chartern wir ein kleines Ausflugsboot und lassen uns die Blaue Grotte von Zakynthos zeigen. Die Farbspiele dort sind wirklich einzigartig. Am Abend genießen wir in der palmengedeckten Taverne am Nordwestufer ausgezeichneten Fisch und Kalamari, trinken erfrischenden zakynthischen Weisswein, und klönen.


Blue Grotto, Zakynthos

Auch im weitläufigen Hafen von Zakynthos Stadt gibt es weder Strom noch Wasser. Je weiter südlich wir kommen, umso mehr zeigt sich, wie sinnvoll unsere Entscheidung für Solarmodule war. Es reicht zwar noch nicht, den Verbrauch vollständig zu decken, aber immerhin, mit den "normalen" Motorstunden dazu kommen wir einigermassen hin. Vielleicht schaffen wir uns ja noch ein weiteres Modul an, oder einen Windgenerator für die Ägäis?

Die Südküste von Zakynthos ist im Mittelmeer eines der letzten Rückzugsgebiete der Karettschildkröte. In weiten Bereichen ist deshalb Ankern und Befahren verboten. Leider sehen wir beim Passieren durchs Fernglas, dass sich viele nicht daran halten, und auch, dass die feinsandigen Strände von Badegästen bevölkert sind. Wo sollen da die Schildkröten noch Platz finden? Und wenn sie dann ihre Eier ablegen, trampelt am nächsten Tag bestimmt einer drüber. Naturschutz und Tourismus-Interessen scheinen also auch hier schwer vereinbar zu sein.

Im westlichen Bereich der Küste ist Ankern erlaubt, und so laufen wir in die Bucht Ormos Keri, wo wir einen unserer bisher schönsten Ankerplätze finden, direkt vor einer traumhaften Villa mit gepflegten Gartenanlagen. Und bald besucht uns auch tatsächlich eine der rund einen Meter großen Schildkröten! Was für ein schöner Ort!


Coco vor Anker in Ormos Keri

Genau der richtige Platz, um sich mal in Ruhe mit unserem Energiehaushalt zu befassen. Die zwei Solarmodule müßten realistischerweise 4 bis 5 Ampere Strom liefern. Tun sie aber nicht. Unser Batterie-Manager zeigt nur 1,5 Ampere Ladestrom an, also weniger als die Hälfte. Gut dass wir ein Multimeter an Bord haben (danke, Alfi!). Ich messe an mehreren Stellen der Zuleitungen von den Modulen, überall kommen 3 bis 3,5 Ampere raus. Nicht ganz 4 bis 5, aber immerhin das Doppelte dessen, was der teure "Manager" anzeigt. Da ist doch was faul?!

Zur Abkühlung springe ich erstmal ins Wasser. Manchmal hilft das beim Nachdenken. Und da der Dumme immer das meiste Glück hat, legt sich gerade jetzt eine hellblaue Yacht neben uns. Mit einem Werbeschild (!) "Dipl. Ing, Elektrik, Elektronik, usw." an der Bordwand. Na wer sagt's denn. Ich nutze natürlich die seltene Gelegenheit, und frage den Skipper Dieter, ob er mir bei meinem Problem helfen könne. Klar kann er, kurz darauf ist er bei uns an Bord. Es stellt sich heraus, dass der Messwiderstand (wieder so ein Wort, dass ich nie im Leben mit Segelsport in Verbindung gebracht hätte) des Batteriemanagers falsch angeschlossen ist. Wir legen die Anschlüsse neu, und siehe da, die Anzeige zeigt gute 3 Ampere Solarstrom!!

Wie so oft hat auch diese frohe Botschaft ihre Schattenseite. Die Input-Anzeige ist jetzt zwar doppelt so hoch wie zuvor, aber leider auch der Verbrauch... :-| Na, wenigstens sind die angezeigten Werte jetzt plausibel. Hätten wir auch schon früher drauf kommen können, aber Rechnen war nie meine Stärke, und das Wort "Elektrophysik" war mir schon immer der reine Horror.

Mit einwandfrei funktionierender Stromversorgung segeln wir hinüber ans Festland, zum Peloponnes. Die erste Station ist Katakolon, nicht weiter erwähnenswert, außer dem gewaltigen Hafen, der mit (muß ich's wirklich erwähnen?) EU-Geldern gebaut wurde und nun den einheimischen Schlauchbooten sturmsichere Liegeplätze bietet...


Olympia

Von hier aus besuchen wir das antike Olympia, das eingebettet in eine liebliche Hügellandschaft liegt, baumbestanden, blütenreich und schattig. Man kann sich gut vorstellen, wie hier im Altertum die friedlichen sportlichen Zusammenkünfte der Athleten stattfanden.

Nach dem wahrscheinlich längsten Schlag unseres diesjährigen Törns, einem 55-Meilen-Abschnitt, liegen wir Tags darauf in der Bucht von Navarino am westlichen Peloponnes, wo im Jahr 1827 die berühmte Seeschlacht gegen die Türken stattfand. Einige türkische Schlachtschiffe aus der Zeit liegen hier noch auf dem Grund. Morgen müssen wir aber erst mal versuchen, den eigenen Anker aus der Muringkette am Hafengrund zu befreien. Ein netter Grieche hat uns bei unserer Ankunft hier im Hafen den Platz zugewiesen, aber dabei wohl vergessen zu erwähnen, dass hier eine sauschwere Kette am Grund liegt. Na vielleicht ist sein Bruder Taucher und er wollte ihm einen Job verschaffen? Aber wir haben die eigene Tauchflasche dabei, und so wird er wohl auf die nächsten Deppen warten müssen.


Kirche in Pylos

Also dann, ich muß heute früh ins Bett, damit ich morgen den Tauchgang hier im Hafen auch richtig genießen kann. Das Wasser ist hier einigermaßen klar, man kann auf 5 Meter hinunter sehen. Kein Vergleich zu Barcelona damals!


Der berühmte "Shipwreck Beach" auf Zakynthos



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