Übersicht 2003 | zurück | weiter |

Ost-Peloponnes, August 2003

High speed & Haute cuisine

Kap Maleas liegt im Kielwasser. Wie meistens war wieder alles halb so wild. Frühmorgens um Sechs verlassen wir den Ankerplatz im Halbdämmer, um acht Uhr runden wir die berüchtigte, unwirtliche Landspitze bei schwachem Wind. Gerade wirft die Sonne ihre ersten Strahlen über die Kimm, die Mönche im einsamen Kloster am Kap haben noch keine Chance, uns ihren unter Seefahrern bekannten Spiegel-Gruß zuzublinken. Wir winken trotzdem hinauf, es wird sicher nichts schaden.


Kap Maleas im Morgenlicht

Nun sind wir also in der Ägäis, dem Segelrevier schlechthin! Das feiern wir mit einem kräftigen Schluck Rotwein, dem Rest von gestern abend. Den letzten Schluck opfern wir Poseidon, dem Gott der See und der Seefahrer und hoffen, uns so auch weiterhin seinen Schutz zu sichern.

Hier am Ost-Peloponnes, weit im Südwesten der Ägäis, entwickelt der Meltemi noch keine echte Kraft. So dieseln wir bei leichtem Gegenwind "bergauf" nach Norden, zum spektakulär im Meer gelegenen Ort Monemvassia.

Im kleinen Hafenbecken gehen wir an der Pier längsseits, gleich hinter einem Coast Guard Speedboat. Die freundlichen Beamten haben nichts dagegen, dass wir Wasser zapfen soviel wir brauchen, nur das Schiff sollen wir damit bitte nicht waschen. Wasser ist hier ein kostbares Gut. So wie die Franzosen stolz sind auf ihren Wein und die Franken auf ihr Bier, so viel bedeutet den Griechen ihr Wasser. Immer wieder wird die gute Qualität gepriesen: "spring water", "table water", "pure fresh water" und dergleichen mehr sind die gängigen Attribute. In der Regel trifft das auch zu, das Wasser hat fast immer Trinkwasserqualität. In den Bars und Tavernen bekommt man nicht nur zu Wein und Kaffee, sondern sogar zum frischen Orangensaft stets ein Glas Wasser extra serviert.


Der Berg von Monemvassia

Das byzantinische Monemvassia liegt spektakulär am Fuße eines roten Monolithen im Meer, nur über eine Brücke mit dem Festland verbunden. Die ehemalige Ruinenstadt wird seit Jahren liebevoll restauriert, neues Leben zieht in die alten Gassen. Der Ort ist mittlerweile ein angesagtes Luxusziel wohlhabender Griechen. Schnelle Motorboote schaffen es in wenigen Stunden von Athen hierher. Entsprechend ist freilich auch das Preisniveau. Doch das ist leicht zu verschmerzen angesichts der Einmaligkeit des Ortes. Natürlich erkunden wir die steingepflasterten Gassen der frisch wachgeküssten Altstadt ebenso wie die Ruinen des antiken Monemvassia ganz oben auf dem windumwehten Plateau mit der - laut unserem Reiseführer - "grandiosesten Aussicht des Mittelmeers...".


Monemvassia

Mit einem grandiosen Ablegemanöver - "vorwärts Ausdampfen aus der seewärtigen Achterleine" (gibt es das schon oder müssen wir uns das patentieren lassen??) - verabschiedet sich die Steuerfrau aus dem "Päckchen" an der Pier, dessen innerer Halt wir zwei Tage lang waren. Der hilfsbereite, ältere Skipper aus Großbritannien steht buchstäblich mit offenem Mund an der Pier, als er merkt, dass eine Frau das Manöver einleitet... Tja, neue Zeiten sind angebrochen, auch auf See!

Nur zehn Meilen nördlich liegt Porto Yerakas. Der Ort ist bekannt für seine ausgezeichneten Meeresfrüchte, also kann Coco de Mer unmöglich daran vorbeisegeln. Wir laufen ein in die kleine, rundum von hohen Bergen geschützte Bucht. Gegenüber des kleinen Ortes, der gut versteckt hinter der felsigen Einfahrt liegt und von See aus nicht zu sehen ist, machen wir am Felsenufer mit Landleinen fest; so haben wir einen schönen Blick auf die Waterfront - und genügend Abstand zum unvermeidlichen abendlichen Lärm aus den Tavernen.


Der kleine Ort Yerakas (Gerakas)

Nach zwei erholsamen Tagen bei Yerakas geht es weiter die Ostküste des Peloponnes hinauf. Von Seglern haben wir den Tipp erhalten, an der "Chapel-Cove" bei Kyparissi festzumachen, einem kleinen Anleger vor einer weißgekalkten Kapelle. Als wir aber ankommen, ist es dort mit drei Yachten und drei Schlauchbooten schon rappelvoll. Also gut: nochmal zehn Meilen weiter soll eine kleine Ankerbucht mit Bilderbuch-Sandstrand liegen, Phokaria, nur offen nach Südost. Ideal für unseren heutigen Nordostwind. Doch woher weht der Wind wohl eine Stunde später? Na klar, Südost... Also nochmal eins weiter. Spetsai, die schöne Insel, von der wir schon so viel Gutes gehört haben, liegt am Nächsten. Und so ankern wir dann tatsächlich kurz vor Sonnenuntergang in der Westbucht der Insel, nur offen nach Norden. Aber was macht der Wind...?! - Also, wir wieder ankerauf, und rüber nach Porto Cheli am Festland. Das liegt in Sichtweite und ist rundum geschützt, dort haben wir auf jeden Fall unsere Ruhe.

In weniger als einer Stunde sind wir da. Die riesige Bucht von Porto Cheli hat den Vorteil, absoluten Schutz zu bieten. 3 bis 7 Meter Wassertiefe und zäher Schlammboden auf rund einem Quadratkilometer, Schiffszubehörhändler und Tavernen rundum, außerdem zahlreiche kleine Ankerbuchten in nächster Nähe - der Traum jedes Ankerliegers!

Wir finden hier längst benötigte Ersatzteile, können Coco bequem neu verproviantieren und die Tanks mit frischem Wasser auffüllen. Doch abgesehen von diesen Annehmlichkeiten gefällt uns die große Bucht und der Ort von Porto Cheli nicht besonders. So freuen wir uns sehr, als am Handy eine SMS von der SY "Anahita II" eingeht. Babs und Wolfgang, bei deren berliner Charteragentur wir in unserem früheren Leben Stammkunden waren, liegen mit ihrem Schiff in einer Ankerbucht auf der Insel Dokos, keine 15 Seemeilen entfernt. Zwar upwind, also gegenan, aber was soll's. Wir freuen uns auf die beiden, und so packen wir das Sonnensegel weg und gehen ankerauf. Gegen 20 Knoten Wind knüppeln wir Coco nach Dokos. Fünfzehn Meilen und drei Stunden später ankern wir bei Sonnenuntergang neben der schönen Ketsch "Anahita".


Sonnenuntergang vor Nisos Dokos

Der Skipper Wolfgang Horn ist mit Sicherheit DIE Kapazität für alle Ägäis-Fragen. Seit mehr als zwanzig Jahren in diesem Revier unterwegs, kennt er jeden Ankerplatz, jede Badebucht, jeden Kiesel am Ufer und jede Taverne. Natürlich nutzen wir die Gelegenheit und zapfen diese Quelle fundierten Wissens ausgiebig an. Stunden (!) verbringen Herta und Wolfgang unter Deck, bis ich irgendwann mißtrauisch werde; doch Hertas Ausrufe des Entzückens werden nur hervorgerufen durch Wolfgangs farbige Beschreibungen der Schönheiten des Reviers...

Falls jemand Lust hat auf einen herrlichen Chartertörn durch die griechische Inselwelt, mit einer schönen klassischen Ketsch und einem Skipperpaar, das jeden Winkel kennt, der findet hier was er sucht:
[ zur "Anahita II" ]

Zwei fröhliche Abende verbringen wir an Bord des geräumigen Zweimasters, bevor wir etwas überstürzt wieder ankerauf gehen. Die kräftigen Böen der vergangenen zwei Tage haben Coco stetig und kräftig am Ankerplatz Fahrt machen lassen, bis es unserem Anker wohl zuviel wird und er ausbricht. Wir bemerken es aber rechtzeitig, legen den Anker provisorisch neu und machen Coco "ausgehfertig". Es geht zurück nach Süden, diesmal mit 30 Knoten Wind, aber von achtern. Anahita muß gen Norden, gegenan; wir feixen. Rückenwind ist schon was Feines!

Das Ziel heißt nochmal Porto Cheli. Hier erwarten wir Andrea, die uns für eine Woche begleiten wird. Wer unsere früheren Berichte kennt, weiß, was das für uns heißt: Schönwettertage voller lukullischer Genüsse an herrlichen Ankerplätzen. Das war bisher immer so, wenn sie mit an Bord war, also verlassen wir uns auch diesmal darauf.

Wir holen Versäumtes nach und segeln gleich mal hinüber in die schöne Nordwestbucht der Schicki-Insel Spetsai. Erholung ist angesagt. Wir schnorcheln im glasklaren Wasser, leider ist die Optik etwas getrübt durch Unmengen Plastikmüll am Grund. Es ist traurig anzusehen, dass hier alles einfach über Bord oder in die Landschaft entsorgt wird.

Heute abend wollen wir uns was gönnen: Wir stoppen eines der zahlreichen vorbeibrausenden Wassertaxis und bestellen es für den Abend. Pünktlich wie verabredet, um sechs Uhr, geht der Taxipilot an Coco längsseits und holt die aufgebrezelte Cococrew ab. Mit Vollgas brausen wir in kürzester Zeit zum mondänen Hauptort der Insel. Wir überstehen die knallharten Bocksprünge über die Wellenkämme ohne bleibende Schäden. Zehn Minuten Highspeed für fünfundzwanzig Euro - Geschwindigkeit hat halt ihren Preis.

Kaum in Spetsai downtown an Land, stürmen die Mädels schon die Boutiquen, als wäre es die letzte Möglichkeit für Jahre. Der Skipper staunt, in welch kurzer Zeit man sein Vermögen auch in anderen Dingen als in Schäkeln und Tampen anlegen kann! Das immer knappe Budget wird hart strapaziert, die nächsten Tage sehe ich uns schon bei Brot und Wasser. Mit Einbruch der Dunkelheit ebbt dann aber auch der Kaufrausch ab. Mühsam schleppen die Mädels ihre Beute in die Bar, wo sie der Skipper erwartet, gerade noch rechtzeitig, um einem kräftigen Gewitterschauer zu entgehen. Kein gutes Gefühl, bei einem Unwetter so weit weg von unserem Schiff, aber wir können jetzt nichts machen, und Coco liegt ja sicher vor fast 50 Metern Kette.


Nightlife auf Nisos Spetsai

Ydra, oder auch Hydra, heißt die lang gestreckte Insel zwischen Argolischem und Saronischem Golf. Auch dies eine äußerst angesagte Location. Der Ort, im Halbrund wie ein Amphitheater an den Hängen um den kleinen Hafen gebaut, ist ein absolutes "Must See". Wir kommen rechtzeitig am frühen Nachmittag an und ergattern noch den letzten der begehrten römisch-katholischen Plätze (für alle Nichtsegler: rückwärts vor Buganker). Im kochenden Wasser zwischen den im Minutentakt ein- und auslaufenden Passagierschiffen, den obligatorischen wild rein- und rausrasenden Wassertaxis und den heimischen Arbeits- und Fischerbooten ist ein sauberes Anlegemanöver gar nicht so ganz ohne. Aber so langsam zahlen sich die gesammelten Erfahrungen von sechzehn Segelmonaten aus, wir haben ein gesundes Vertrauen in unsere seemännischen Fähigkeiten. Und Selbstvertrauen braucht der Segler hier in Hydra nicht zu knapp...


Hydra Hafen, Parken in Dreierreihe

Bis zum Abend füllt sich der kleine Hafen, und schließlich liegen die Yachten in drei Reihen vor Anker - hintereinander! Was lesen wir dazu in unserem schlauen Pilot Book: "Crossed anchors are a daily fact of life here". Dem ist nicht viel hinzuzufügen.


Taxiboote vor der autofreien Altstadt von Hydra


Impressionen aus Hydra

Doch dann genießen wir die entspannte Atmosphäre des Ortes, durchstreifen die gepflasterten (!) Eselspfade, über die die Versorgung hier abgewickelt wird: Hydra ist eine autofreie Insel!

Am nächsten Morgen wird es hektisch: Viele der auslaufenden Yachten hängen an fremden Ketten. Wir schauen zu und lernen verschiedene Techniken, den Anker freizubekommen. Irgendwann demnächst, soviel ist sicher, werden auch wir diese Fertigkeit brauchen... Doch diesmal haben wir noch Glück: als wir mittags auslaufen, kommt unser Anker unbehindert an Bord.

Die nächste Vollmondnacht verbringen wir in einsamer, wildromatischer Umgebung im Südosten der Insel, bei einem exquiaiten Fünf-Sterne-Dinner: Krabben an Safransößchen, Salat mit Honig-Dijon-Vinegraitte-Dressing und Obstsalat in Rohrzucker-Rum, von unserem neuen Crewmitglied Andrea meisterhaft zubereitet. Dazu gekühlter griechischer Weißwein aus Keffalonia.

Was könnte schöner sein als Segeln im Mittelmeer?


Feinschmeckermenü an Bord



Übersicht 2003 | zurück | weiter |