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Menorca / August 2000

Unsere neue Insel-Favoritin

Eine Woche ist natürlich viel zu kurz für eine Stadt wie Barcelona. Aber man hat ja nun nicht grenzenlos Zeit. So starten wir am frühen Abend des 8. August zur Rückreise. Über die Nordküste Mallorcas wollen wir weiter nach Menorca.

Silbern blinken die Sterne über uns, in der tiefschwarzen See rundherum fluoreszieren Unmengen winziger grüner Plankton-Teilchen. Die Nachtfahrt verläuft problemlos. Für uns. Für andere offenbar nicht, auf Funk hören wir unverständliche Fragmente eines "Pan-Pan"-Notrufs. Um sieben Uhr empfängt uns ein milchig-milder Morgen am Cap Formentor. Wir runden das Kap und ankern in der Bucht Cala Pino de la Posada. Es ist schön, wieder Insel-Atmosphäre zu spüren!

Am nächsten Tag legen wir uns direkt vor dem Hafen von Pollensa auf Reede, um unsere Freundin Andrea aus Nürnberg in Empfang zu nehmen, die uns für eine Woche begleiten wird. Eigentlich wollen wir sofort nach Menorca starten, doch die aktuelle Wettervorhersage "aguacero tormentoso", also stürmischer Platzregen, und ein fernes, dennoch deutliches Donnergrollen, veranlassen uns, noch einen Tag in Pollensa dranzuhängen. Dann aber verzieht sich das Unwetter, und wir segeln los, Kurs Menorca. Bei kräftigem Seegang opfert Andrea ihr Frühstück dem Gott der Meere, doch fünfeinhalb Stunden später liegen wir schon wohlbehalten im pitoresken Hafenschlauch der Bucht von Ciutadella, gut vertäut im Päckchen.


(Be-)Rauschende Überfahrt

Besonders imposant wird es, wenn die Mallorca-Fähre in Ciutadella einläuft. Wenn das gewaltige Schiff in dem engen Hafenschlauch auf dem Teller dreht, sind Bug und Heck nur wenige Meter entfernt von der Mole auf der einen und den Päckchen liegenden Yachten auf der anderen Seite. Man hört förmlich, wie sämtliche Freizeitskipper in der ersten Reihe den Atem anhalten...

Unseren abendlichen Spaziergang durch den hübschen, von Horden englischer und deutscher Touristen überlaufenen Ort beschließen wir mit einem Dinner in einem der zahlreichen Restaurants an der Hafenmole. Leider wählen wir aus dem großen Angebot das falsche Lokal, und so gibt es vertrocknete Navajas ("Bambusrohr-Muscheln") und fade schmeckenden Fisch. Dafür aber eine gepfefferte Rechnung.




Ciutadella

Weiter segeln wir entlang der schroffen Nordküste Menorcas. Wir entdecken herrliche, teils gut versteckte Ankerbuchten. In der afrikanisch anmutenden Cala Pregonda ankern wir tagelang vor goldener Sand- und Felsenkulisse. Schnorcheln, Schwimmen und lange Strandspaziergänge sind angesagt, Lesen und Sonnenbaden, Lichtschutzfaktor 20 minimum, versteht sich.






Herrliche Buchten an der Nordküste Menorcas

Unsere frisch eingeschiffte Gourmetköchin Andrea verwöhnt uns mit köstlichen Avocado-Canapees und Martini Cocktails, geschüttelt und gerührt. Man sieht, es kann sich durchaus lohnen, Gäste an Bord zu haben...

Schönes Wetter wechselt sich ab mit Wolken, Böen, Schauern. Ob sich da schon der Herbst ankündigt? Hier auf den Balearen heißt er katalanisch "Primavera de Hivern", Frühling des Winters. "Frühling" hin oder her, seit ein paar Tagen ist Sturm im Golfe de Lion. Aber bei uns kommt davon glücklicherweise nicht viel an. Das Thermometer steht konstant bei 30 Grad, doch ein permanenter Luftzug verschafft angenehme Kühlung. Überhaupt: die mediterrane Sommerhitze erleben wir lange nicht so schlimm wie befürchtet.

Auch die Ankerbuchten sind hier oben - trotz Hochsaison und Ferientrubel - nicht so überfüllt. Und wenn doch mal, dann lichten sich die Reihen gegen Abend. Wir erleben, dass wir tagsüber ankommen und uns in die letzte noch verbliebene Lücke reinquetschen müssen, und nachts unter dem Sternenhimmel völlig allein liegen.


Menorca-Impressionen

Nach einer herrlichen Woche erreichen wir den Hafen von Mahon, den zweitgrößten Naturhafen der Welt. Andrea verläßt uns hier, zuhause ruft die Arbeit. Wir werden ihre Kochkünste vermissen.

Zunächst legen wir uns für einige Tage in völliger Abgeschiedenheit vom Trubel vor Anker hinter dem Inselchen Lazaretto, vom Zentrum eine halbe Stunde mit dem Fahrrad oder dem Beiboot entfernt, aber dennoch im Hafenbereich! Beim Schnorcheln sehen wir hier am Ankerplatz sogar einen Rochen! Man kann auch mal die Angel reinhalten, doch will ich nicht verhehlen, daß die Fischla hier recht verwöhnt sind. Bei mir beißt jedenfalls keiner; so kaufen wir den Fisch frisch oder tiefgefroren am Markt. Schmecken tut er trotzdem! Oder wir gehen essen. Bisher haben wir allerdings nur wenige kulinarisch lohnenswerte Ziele in Menorca ausgemacht, die meisten sind doch eher auf englischen Geschmack ausgerichtet. Und unsere britischen Freunde sind ja bekanntermaßen schon glücklich, wenn eine Ketchupflasche am Tisch steht...

Später verlegen wir Coco in eine andere Seitenbucht im riesigen Hafen von Mahon, näher am Geschehen, mit wunderbarem Blick auf die nachts herrlich beleuchtete Altstadt von Mahon. Von hier aus ist es ein Katzensprung mit dem Dingi in die Stadt, wo unsere Räder an einer Laterne festgekettet sind, bereit für Tagesausflüge.

So lernen wir im Lauf der Tage die Stadt Mahon recht gut kennen. Auch ein Abstecher zu einer der prähistorischen Anlagen, die auf der ganzen Insel verstreut zu finden sind, Talaiot de Trepuco, und sogar bis nach Binibequer an der Südküste ist drin. Von dem nachgebauten "authentischen" Fischerdorf sind wir allerdings nur mäßig begeistert.


Morgen-Nebel im Golf von Mahon

Eines Morgens wache ich um fünf Uhr auf, schaue raus, und sehe... nichts! Wir sind in dicken Nebel eingehüllt. Ab und zu taucht unser Nachbarschiff, gerade mal fünfzehn Meter entfernt, geisterhaft aus den Schwaden auf. Schaurig schön; ob sich heute wohl der fliegende Holländer für einen Kurzbesuch in Mahon angekündigt hat?

Der fliegende Holländer besucht uns nicht, dafür Frank und sein Junior Erik. Wir holen die beiden mit dem Dingi ab, und verlegen uns dann an einen der schwimmenden Pontons, deren mehrere im Hafenbereich festgemacht liegen. Am nächsten Tag starten wir Richtung Südküste. Eine der dortigen Buchten, Cala Covas, Cala Mitjana oder Cala Macarella, soll unser Ziel sein. Doch entgegen allen Wettermeldungen hat ein Tiefdruckgebiet seinen Weg hierher gefunden, wir haben Südwind, Schwell steht in alle Calas der Südküste. Wir legen unsere Robinson-Pläne vorläufig ad acta, runden zügig Menorca Süd und steuern die Cala Santandria an. Eine schmale, tief eingeschnittenen Bucht, an der Westküste südlich von Ciutadella gelegen. Kurz vor Sonnenuntergang fällt der Anker, wir vertäuen Coco mit zwei langen Leinen an den Felsen. Wenn das Tief durch ist, werden wir lossegeln. Da die Vorhersage auf Nordwind lautet, werden wir einen zweiten Versuch starten zu den wunderschönen kleinen Buchten an der Südküste.



Vor Anker in der Cala Santandria

Und so schwoit Coco schon bald im kristallklaren Wasser der Cala Son Saura. Frank macht Salat mit Speck und Käse, Vollfettstufe. super lecker. Allerdings merke ich schon, wie der Cholesterinspiegel wieder nach oben schnellt. Diesen Effekt bekämpfen wir auf homöopathische Weise mit reichlich Rotwein, dem ja cholesterinsenkende Wirkung nachgesagt wird.


Seitenarm der Cala Macarella an Menorcas Südküste

Auch die schöne Cala Macarella besuchen wir, doch der reinstehende Seegang vergällt uns bald die Freude an der schönen Natur. Der Wind hat nun doch wieder auf Süd gedreht. Wir ziehen die Konsequenzen und nehmen Menorca Nord ins Visier. Dort angekommen allerdings - wie könnte es anders sein - kommt der Wind wieder aus Nord. Es ist wie verhext. Bei eineinhalb Meter Welle ist an Ankern in "unserer" Cala Pregonda nicht zu denken. So brettern wir an den schönen Buchten der westlichen Nordküste vorbei und verziehen uns schließlich in der weitläufigen Bucht von Fornells.

Der Skipper der Nürnberger Yacht "Cassiopeia", die in unserer Nähe ankert, versorgt uns reichlich mit Windwarnungen für die kommenden Tage: Mistrallage, 7 Bft aus Nordnordost! Das sieht schwer nach einem unfreiwillig verlängerten Aufenthalt in Fornells aus! Und genau so kommt es. Eine steife Brise spannt unsere Ankerkette, bald regnet, donnert, blitzt es. Kurzum, wir bleiben drei volle Tage.

Dann bessert sich die Wetterlage, wir nutzen das Fenster und machen uns wieder auf den Weg. Nach einem Overnightstop in der Cala Pudent, einem hübschen Platz mit klarem Wasser inmitten bizarrer Felsen, laufen wir in die trickreiche Einfahrt nach Addaya ein.

Wir gehen zunächst an die Pier des winzig kleinen Hafens, weil uns Frank und Erik morgen hier verlassen werden. Im Office geht es geruhsam und familiär zu. Zum Einklarieren soll ich doch bitte morgen noch mal vorbeischauen, jetzt sei grad keiner da. Die meisten der wenigen Liegeplätze seien fest vermietet, aber wir können an unserem Platz bleiben, solange keiner was sagt.

Dennoch verlegen wir uns am nächsten Tag in die Bucht vor Anker. Kostenlos ist halt doch billiger als ein günstiger Preis. Und die Bucht bietet hervorragenden natürlichen Schutz. Wir bleiben sieben Tage und erholen uns exzessiv von den seglerischen Strapazen der vergangenen Wochen ;-))









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