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Türkische Südküste, September 2003

Buchtenparadiese in der Türkei

Die Kälteperiode ist vorbei, die Sonne wärmt endlich wieder, wir Segler werden von einer warmen Septembersonne, milder Luft und von noch immer warmem Meerwasser verwöhnt.

Auch die Türkei empfängt uns warmherzig. Zur Einklarierung von Schiff und Besatzung segeln wir in das Hafenstädtchen Datca ("Datscha"). Dort machen wir am Hafenkai fest, der sich hier stolz "Marina" nennt. Wir werfen also unseren Anker - Muringleinen gibt es in dieser "Marina" nicht -, nähern uns rückwärts der Pier, der freundliche Marinero nimmt unsere Leinen an, hilft beim Festmachen, zeigt uns Wasser- und Stromanschlüsse, bevor er uns dann um stolze 23 Millionen erleichtert. Türkische Lira, gottseidank. Rund 16 Euro. Für uns Griechenlandverwöhnte ein durchaus stolzer Preis für's Liegen vor eigenem Anker.

Mit Unterstützung eines Agenten ist die Prozedur der Einklarierung schnell und unbürokratisch erledigt. Schon am gleichen Abend haben wir das Transitlog und alle erforderliche Stempel von Passpolizei, Gesundheitsbehörde, Zoll und Hafenamt in der Tasche. Insgesamt betragen die Gebühren 70 Euro. Damit darf Coco nun ein Jahr in türkischen Gewässern verbleiben. Für die Crew gelten andere Regeln: sie darf grundsätzlich nur bis zu drei Monaten am Stück bleiben, muß dann aus- und wieder einreisen, dann weitere drei Monate, und so fort.

Die Ankunft feiern wir abends in einer Bar. Die Kneipe hat keinen Namen, aber gute Musik. Wir setzen uns, bestellen einen Raki und ein Glas Wein und fragen nach einer Kleinigkeit zum Essen. Der Wirt spricht perfekt deutsch. Eigentlich gebe es hier kein Essen, denn das sei ja eine Bar. Aber wie's der Zufall will brät er gerade für einige Freunde ein paar Fische, das wird schon auch für uns reichen. Kurz darauf setzt er uns vier Stück vom besten Fisch vor, den wir seit langem gegessen haben, "Sokkan", soll wohl recht selten sein. Wir kommen ins Gespräch. Yashar kennt Nürnberg und Fürth gut, hat dort vor etwa 20 Jahren gearbeitet. Unter anderem als Diskjockey in der "Wolfsschlucht" bei Fürth, meiner Stammkneipe vor rund 20 Jahren! Bald sitzen wir an seinem Tisch in der Runde seiner Freunde. Es gibt viel zu erzählen in der Art "Weißt du noch...?", "...Kennst du den noch?". Hachja, die guten alten Zeiten!

Als wir uns dann spät - sehr spät - verabschieden um "nach Hause" zu gehen, und die Rechnung verlangen, ist der köstliche Fisch "selbstverständlich" ein Geschenk des Hauses. Schließlich ist das ja eine Bar und kein Restaurant...!

Am nächsten Morgen ist der Kopf ziemlich schwer. Mit Hilfe einer kalten Dusche draußen am Heck und ein, zwei Paracetamol kommen wir aber bald wieder in die Gänge. Wir treffen uns nochmal mit unseren neugefundenen Freunden und trinken Tee. Zum Abschied werden wir beschenkt mit türkischen CDs. Was für ein Empfang in diesem Land!

Zu finden ist Yashar's Bar übrigens direkt an der Hafenpromenade, in einem schönen Natursteinhaus unterhalb des Restaurants "Teraca". Nicht zu verfehlen, auch ohne Hinweisschild.

Bevor wir Coco nun aber für dieses Jahr endgültig in Kleinasien ansiedeln, steht nochmal ein "illegaler" Abstecher in griechische Gewässer bevor. Vom hübschen Bilderbuch-Örtchen Simi auf der gleichnamigen Insel haben wir schon viel gehört, dort müssen wir unbedingt noch hin. Simi liegt in Sichtweite vor Datca, und so flattert nach zwei Stunden nochmals die griechische Flagge unter der Saling, Einklarierung hin oder her... Mit achterlichem Wind segelt Coco durch die enge und nur wenige Meter tiefe Nordpassage in die große Bucht des Ortes hinein.


Herta im Ausguck bei der engen Durchfahrt nördlich Simi

In einem perfekten Halbkreis in die Hänge hineingebaut, strahlt uns der farbenfrohe Ort im spätnachmittäglichen Sonnenlicht entgegen. Wir finden gerade noch einen Platz an der Waterfront und werfen Anker auf tiefem Grund. Festmachen kostenlos, das hat schon was.

Fünfhundert Stufen führen bis ganz nach oben, doch auf halber Höhe muss ich passen. Hab' mir heute bei einem Manöver den Rücken verrenkt, man wird halt auch nicht jünger :-| Doch auch aus halber Höhe ist der Hafen im Abendlicht wunderschön.


Simi Hafen

Was macht man bei Rückenschmerzen am Besten? Klaro, man geht fein essen! An der Pier finden wir ein echtes Feinschmeckerlokal, Manos Fish Restaurant. Wir schlemmen Muscheln und Oktopus satt, dazu guten Wein. Dem Rücken geht's bald deutlich besser!


Flaggenwechsel

Nochmals machen wir einen halblegalen Grenzübertritt, wechseln wieder die blau-weiße Gastlandflagge Griechenlands gegen den türkischen rot-weißen Halbmond. Nun sind wir endgültig in türkischen Gewässern.

Simi verschwindet im Dunst achteraus, voraus liegt die lykische Küste. Als wir uns dem Südwest-Kap bei Karaburun nähern, zählen wir besorgt die voraus auftauchenden Masten. Es werden immer mehr, so viele Yachten haben wir nicht mehr gesehen, seit wir das Ionische Meer verlassen haben! Klar, das hier ist das türkische Segelrevier schlechthin. Atemberaubende Landschaften, gutes Segelwetter bis lange in den Herbst hinein, freundliche Menschen, eine Auswahl guter Marinas mit hohen Standards. Und natürlich Buchten über Buchten! Diese haben Namen wie "Bozuk Bükü", "Kizilkuyruk Köyü", "Kücük Kuyruk - ich mache mir Sorgen um die Umlaut-Tasten meines Notebooks, selten wurden sie so beansprucht. Im Pilot Book lesen wir Attribute wie "spectacular", "superb", "attractive", "beautiful". Seglerherz, was willst du mehr?

Wie in Griechenland gibt es auch hier in den meisten Buchten Tavernen, hier übrigens wieder Restaurants genannt. Einigermaßen neu für uns ist die Gepflogenheit der türkischen Wirte, diese herrlichen Plätze entweder mit Bojenfeldern zuzupflastern oder vor ihren Restaurants mehr oder weniger wackelige Holzkontruktionen ins Wasser zu bauen, wo dann jemand winkend auf und ab hüpft wie ein Gummiball, sobald eine Yacht in Sichtweite kommt. So sollen die Segler animiert werden, dort festzumachen. Damit ist dann eine Art stillschweigender Kontrakt geschlossen, wonach man am Steg liegen darf, und dafür beim Wirt sein Abendessen einnimmt.

Das hat seine Vor- und Nachteile. Man liegt bequem und (manchmal...) auch sicher, und hat' s nicht weit zum Abendessen. Frei ankern ist in diesen Buchten allerdings oft gar nicht mehr oder nur noch an weniger guten Plätzen möglich. Und man will ja auch nicht jeden Abend auswärts essen gehen.

Gegen Abend finden wir dann tatsächlich eine restaurantfreie Bucht: Gerbekse Bükü. Wir gehen vor Anker. Da schon einige Yachten hier festgemacht haben, bringen auch wir achtern zwei Landleinen aus. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit läuft leichter Schwell herein; also verlegen wir schnell noch, im Halbdämmer akrobatisch mit Taschenlampe zwischen den Zähnen über die scharfkantigen Felsen kletternd, die Heckleinen, so dass Coco nun mit der Schnauze in Richtung Buchtausgang liegt. Perfekt, jetzt schaukelt nichts mehr.


Coco in der Bucht von Gerbekse

Nach den Hafentagen genießen wir das Ankern in einer Bucht doppelt. Wir bleiben einen weiteren Tag, weil's gar so schön ist. Die anderen Yachten brechen auf zu neuen Ufern, aber wir haben ja Zeit. Mit Schwimmen, Schnorcheln und Unterwasserbeobachtungen verbringen wir den Tag, treiben im klaren Wasser inmitten tausender kleiner Fische. Einmal bekommen wir sogar einen seltenen Knurrhahn zu Gesicht!

Zum Abend füllt sich dann die Bucht, große Gülets, die türkischen Holzschiffe, laufen ein, und auch die eine oder andere Yacht. Es wird geankert auf Teufel komm raus, jeder will der erste sein. Heckseits wird im Halbkreis an den Felswänden festgemacht. Für Unterhaltung ist gesorgt, wir sitzen im Cockpit und genießen die Show.


Schnorcheln im Fischschwarm

Anderntags wecken uns dumpfe, laute Explosionen. Als wir aber keinerlei Erdbeben, Flutwellen oder Lavaströme feststellen können, tippen wir auf Kriegsspiele des Militärs. Auf der Seekarte finden wir dann auch nicht weit entfernt ein militärisches Sperrgebiet.

Wir machen uns auf den Weg. Und siehe da, ein Konvoi türkischer Kriegsschiffe kreuzt Coco's Weg. Von Backbord unter Maschine! Das kann man drehen und wenden wie man will, Coco hat Wegerecht! Unerschrocken setzt die Coco-Crew die Segel und hält Kurs Ostsüdost. Und tatsächlich: die beeindruckenden Kriegsschiffe weichen aus! Wir bedanken uns, sie winken zurück.

Die nächste Traumbucht haben wir uns schon ausgesucht: Kücük Kuyruk, westlich in der Einfahrt zum Golf von Fethye. Sechs Stunden und 35 Seemeilen später ankert Coco inmitten eines malerischen Kiefernwäldchens zwischen hohen Hügeln rechts und links. Nur eine einsame Gület liegt schon da. Der Kapitän kommt sofort im Beiboot angebraust, nimmt unsere Landleine entgegen und befestigt sie draußen an einen Felsen. Was für ein Service! Was nur immer alle gegen die türkischen Gülets und ihre Skipper haben!?


Der kleine Kiesstrand in Kücük Kuyruk

Auch hier verbringen wir zwei herrliche, entspannte Tage. Tagsüber haben wir den kleinen Kiesstrand ganz für uns allein. Nach den hinter uns liegenden, ziemlich kühlen Wochen mit Tiefständenen bis 19 Grad erleben wir nun wieder eine wahrhafte "Hitzewelle". Knapp 30 Grad sind uns ja allemal lieber als Wollsocken, und so verbringen wir einen Großteil des Tages im Wasser, genießen nochmal die Ruhe und die menschenleere Natur. Für die nächsten Tage stehen wieder Häfen auf dem Programm ...



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